ESSBARER BEZIRK

Kirschen pflücken im Anton-Saefkow-Park

Die Idee, Pankow mit Obst, Gemüse und Kräutern für alle zu bepflanzen, wird immer konkreter. Initiativen, Arbeitskreise und urbane Gärtner stricken an einem Konzept für ein essbares Pankow. Ein  „Rat für Ernährung“ könnte die Genuss-Orte für alle steuern. Ein Blick auf die Zutaten.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Kreuzberg macht es vor: Das Grün im Dachgarten wird gedüngt aus der Fischzucht. Sind solche Farmen auch in Prenzlauer Berg denkbar? Foto: Marc Brinkmeyer

Von der Organisation „mundraub“ bis zu den urbanen Gärtnern im Mauerpark, von der Fraktion der Grünen bis zu den „Freiobst“-Gärtnern - sie alle eint der Wunsch, den Bezirk Pankow grüner, urwüchsiger und essbarer zu machen. Wie andere deutsche Städte, etwa Kassel oder Andernach, es seit langem praktizieren, wollen auch diese Berliner Aktiven mehr nutzbare Natur in die Kieze bekommen, nachhaltig wirtschaften und dabei ökologische Kreisläufe schaffen. 

Der Titel „Essbare Stadt“ fasst die hehren Ziele und unterschiedlichen Ansätze zusammen und konkretisiert sie gleichermaßen. Es geht um Obst, Gemüse und Kräuter für alle – gepflanzt und gepflegt auf öffentlichen Flächen, betreut von denen, die sie auch ernten wollen. Solche Flächen können bereits bestehende Nutzgärten wie Schulgärten oder Kleingartenanlagen, urban gardening und Bauerngärten sein, sie sollten indes auch neu geschaffen werden und Bestehendes erweitern und ergänzen.

Ein Beispiel? Eine Vorreiter-Initiative in Pankow sind die Aktiven von „Freiobst“, die bereits seit 2012 in Blankenburg und Französisch-Buchholz mehr als 60 Obstbäume Sorten pflanzten, die in einigen Jahren reiche Ernte bringen sollen. Die Gärtnerinnen und Gärtner konzentrieren sich dabei auf alte Sorten, die sie fruchtbringend wieder ansiedeln wollen. Auch die Friedhofsgärtner der Grünen Liga mit ihren Hochbeeten für Tomaten, Basilikum und Kürbisse auf dem St-Marien-Friedhof an der Greifswalder Straße oder die Mauergärtner an der Schwedter Straße praktizieren den urbanen Obst- und Gemüseanbau für sich selbst und für andere.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Äpfel für alle: Die Initiative „Freiobst“ pflanzt Bäume alter Sorten. Foto: mundraub

Die Plattform „mundraub.org“ bündelt diese Initiativen und alle anderen, die sich um Äpfel, Brombeeren und Co. im Bezirk sorgen. Zugleich zeigt sie auf einer deutschlandweiten Karte die Standorte von urbanen Gärten, Obstbäumen und Kräuterbeeten. 

Pankower MundräuberInnen aus allen Kiezen des Großbezirks haben jüngst eine Umfrage gestartet, wie gewünscht ein essbarer Großbezirk ist und wie er sich konkret gestalten könnte. Rund 150 Menschen nahmen daran teil und skizzierten ihre Vorstellungen: Neben Apfel- und Kirschbäumen sowie Weinstöcken im Anton-Saefkow-Park wünschen sie sich zum Beispiel auch Obstbäume für JederMann und JedeFrau im Mauerpark und entlang des gesamten Mauerstreifens. Sie wünschen sich eine zentrale Informationsstelle, die für urbane Gärtner Pflanzstandorte, Termine und Angebote sammelt und gleichzeitig den BewohnerInnen Informationen liefert, wo zwischen Kastanienallee und Karow was zu säen, zu pflanzen und zu ernten ist.  

Das sind bereits konkrete Ideen, die nun auf Betreiben der Grünen im Bezirk gesammelt, gebündelt und vernetzt werden sollen. Ein erster Workshop zu einem Konzept für den essbaren Bezirk Pankow brachte die Pankower mit Aktiven aus anderen Berliner Stadtbezirken und anderen deutschen Städten an einen Tisch. Dabei blickten sie auf Modelle, etwa aus Kassel, oder auf das Forschungsprojekt „roof water-farms“ der Technischen Universität Berlin. Dieses Projekt erforscht den Gemüseanbau plus Fischzucht in Kreuzberger Dachgärten. Durch einen Wasser- und Nährstoff-Kreislauf schöpft das mit Bundesmitteln unterstützte Projekt seine Ressourcen aus sich selbst: Mit dem Abwasser der Fischzucht werden die Gemüsebeete gedüngt. 

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Obst von der Straße statt aus dem Laden. Dahinter steckt die Idee des „essbaren Bezirks“. Foto: al

Sind solche Dachgärten auch in Prenzlauer Berg, Weißensee und Pankow möglich und wirtschaftlich? Wo sind Flächen und Potenziale für essbare Alleen, Gemeinschafts- und Bauerngärten und Obststräucher in den Hinterhöfen? Ein nächster Pankower Workshop soll diese Fragen klären helfen. Auf der Agenda des nächsten Treffens steht u.a., welche Rolle die öffentlichen Grünanlagen im  Konzept eines essbaren Bezirks spielen könnten. Das Bezirksamt stellt zudem vor, auf welchen Flächen aktuell und künftig Säen und Pflanzen möglich sein könnte. 

Dass der Wille der PankowerInnen zu mehr Obst, Gemüse und Grün groß ist, ergab die mundraub-Umfrage. Die Mehrheit der Befragten möchte sich mit finanziellen Spenden beteiligen bzw. auch selbst beim Gärtnern und Pflegen aktiv werden.  

Koordinieren könnte all diese Initiativen ein Pankower „Rat für Ernährung“. Der soll in regelmäßigen Abständen VertreterInnen aus Bürgerschaft, Politik und Verwaltung an einen Tisch bringen, um das Thema „Wie macht sich Pankow satt?“ nachhaltig und gemeinschaftlich zu diskutieren. 

Mehr Informationen auf: mundraub.org/gruppen/essbarer-bezirk-pankow oder per Newsletter, zu bestellen bei: diana.kerait@ba-pankow.berlin.de

-al- (Jan. 2016)