BÜRGER*INNEN BEWEGEN

Kurz mal auf der Straße spielen

Auch Prenzlauer Berg erobert sich die Straßen und macht sie still und nachhaltig lebendig. GastwirtInnen können Bewirtungsräume ausweiten, temporäre Fahrradstreifen sichern Radfahrende im Verkehr - und auf der Gudvanger Straße kann nun endlich gespielt werden. Manchmal.

Fünf ganze Jahre hat es gedauert – für Kinder, die spielen wollen, kommt diese Wartezeit einer ganzen Generation gleich. Doch nun, seit dem 3. Juni, können sie auch auf der Gudvanger Straße spielen. Mitten auf der Fahrbahn, sicher und ruhig. Jeden ersten Mittwoch im Monat von 14 bis 18 Uhr wird der Straßenraum der Gudvanger Straße zur temporären Spielstraße.  

Matthias Groh, Sprecher der eigens gegründeten Gudvanger Initiative, sagt: „Gerade jetzt in der Corona-Krise, wo Kinder nicht wie gewohnt in die Kita oder Schule gehen können, hat sich das temporäre Spielstraßenkonzept bewährt.“ Groh verweist auf ähnliche, längst etablierte Projekte im Straßenraum. In Städten wie Bremen, Frankfurt/Main oder London dürfen Kinder seit vielen Jahren ihr Recht auf Spiel auch im freien Raum der Großstadt wahrnehmen. Die Idee ist so schlicht wie demokratisch: Damit die begrenzte und umkämpfte Fläche von Innenstädten besser genutzt werden kann, stehen Nebenstraßen tagsüber zum Spielen zur Verfügung. Die Straßen sind ruhig, es braucht weniger Parkplätze. Abends sind die Flächen dann wieder für Parkplätze reserviert. Seit Anfang Mai sind rund 20 Straßen in Friedrichshain und Kreuzberg an den Sonntagnachmittagen für das Spielen und den Fußverkehr freigegeben. Auch auf der Templiner Straße am Teutoburger Platz in Prenzlauer Berg kann voraussichtlich ab Juli immer dienstags von 15 bis 18 Uhr gespielt werden. 

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Raum für Kinder auf der Straße: Die Gudvanger Straße wird nach fünf Jahren endlich zur temporären Spielstraße. Foto: M. Bachmann

Die Gudvanger Straße brauchte hingegen viel Zeit. Die Pankower Bezirksverordneten beschlossen bereits Anfang 2015 einstimmig, das Spielmodell auszuprobieren. Es folgten schwierige Diskussionen mit dem Bezirksamt; ein Auftakt, der durch klagende Anwohner abgebrochen wurde; ein Gerichts-Vergleich 2017 und wieder Probleme mit dem Bezirksamt. Nun sind die letzten Hürden ausgeräumt, zu verdanken ist dies dem unermüdlichen Engagement der Spielstraßen-Initiative. Matthias Groh kommentiert: „Manchmal benötigt man in der Demokratie einen langen Atem, um eine gute Idee durchzusetzen. Aber das Engagement lohnt sich, weil so ein Umdenken in der ganzen Gesellschaft angestoßen wird.“ Ein letzter, jüngster Gerichtsvergleich gestattet zwar nur ein Spielen einmal im Monat – anders als auf anderen Straßen. Groh: „Aber jetzt geht es endlich los und wir freuen uns.“

Mit ihrem frühen Vorstoß zur temporären Spielstraße waren die Prenzlauer Berger Aktiven VorreiterInnen. Sie nehmen für sich in Anspruch, für die Erfolge in anderen Kiezen wertvolle Grundlagen geliefert zu haben. Dabei hatten die Leute aus der Gudvanger renommierte Verbündete. Von Beginn an unterstützte das Deutsche Kinderhilfswerk das Projekt als beispielgebend. Hinzu kamen weitere wie der Verkehrsclub Deutschland, der BUND, der wissenschaftliche Dienst des Abgeordnetenhauses. Auch der aktuelle Koalitionsvertrag des Berliner Senats sieht ein Spielstraßenkonzept vor. Und seit einem Jahr gibt es ein „Berliner Bündnis Temporäre Spielstraßen“.

-red-, Juni 2020

Temporäre Spielstraße, Gudvanger Straße, jeden ersten Mittwoch im Monat von 14 bis 18 Uhr.

Mehr: www.spielstrassen.de.