Menschen und Kneipen im Winskiez, Folge 1

Menschen und Kneipen im Winskiez

Ehemalige Sportlerklause in der Winstsraße 65
Ehemalige Sportlerklause in der Winstsraße 65

Neben Supermärkten – wie die heute noch so genannte „Kaufhalle“ in der Marienburger Straße/Winsstraße – haben Cafés, Gaststätten und Kneipen für jeden Kiez eine herausragende Bedeutung: Für die einen sind sie „Frühstückszimmer“ oder „Mein Wohnzimmer“, aber auch Ort sozialer Kontakte, Wärmestube, Punkt der Erholung, Entspannung und von Spiel und Spaß. Seit Mitte der 1990er-Jahre sind für die „Ureinwohner“ im südlichen Prenzlauer Berg die massiven Umbrüche mit Hän den zu greifen: Rekonstruktion von Häusern, steigende Mieten bis zur Unbezahlbarkeit und schließlich ein massiver „Austausch“ der Bewohner. Eine nachhaltige Folge ist auch, dass angestammte Gaststätten und Kneipen nach und nach verschwunden sind. Ich will im Verlauf des Jahres 2011 versuchen, die Geschichte des Winskiezes der vergangenen 30 Jahre am Beispiel der Treff punkte in der Nachbarschaft nachzuzeichnen und damit auch an Menschen erinnern, die diesem Stadtteil ein Gesicht gaben oder geben. 

 

Beginnen möchte ich mit der „Sportlerklause“, die Stammgaststätte der „Sportgemeinschaft Rotation“ – Betriebssportgruppe der Mitarbeiter des „Neuen Deutschlands“ in der Immanuelkirchstraße 7, Ecke Winsstraße 65. Schon im Vorkriegsberlin als Eckkneipe betrieben, befand sich dort zeitweise eine Niederlassung der Volks olizei. In der „Sportlerklause traf sich die Nachbarschaft aus dem ganzen Kiez zum Biertrinken, Skat- oder Billardspielen oder einfach nur so, um Nachbarn, Arbeitskollegen und Bekannte zu treffen. 

Zu Beginn der 1990er-Jahre übernahm der Gastronom Gunnar Waack die Gaststätte, die er umbaute und umbenannte: „Stop 7“. Mit kleineren Veranstaltungen wie z.B. Weihnachtsfeiern, Preisskat entwickelte sich die Gaststätte zu einem beleibten Treffpunkt, wo der Gast auch mit Speisen versorgt wurde. Die bunte Schar der dienstbaren Geister fand guten, ja freundschaftlichen Kontakt zu den Stammgästen. 

Gisela erzählt: „Ich kam schon ein wenig angeschickert herein und entdeckte eine Runde Skatspieler. Einer davon war Frank, in den ich mich sofort verknallt habe.“ Frank ergänzt: „Jetzt sind wir schon 27 Jahre verheiratet!“ Petzi erinnert sich an eine nächtliche Begebenheit so gegen 2.30 Uhr: „Die wollten gerade schließen, da tauchte ein kleiner Junge aus dem Haus im Schlafanzug auf.“ - „Ich wollte ja nur mal nach dem Wetter gucken, aber jetzt habe ich die Wohnungstür zugeschlagen und komme nicht wieder rein!“ 

Anrufe bei den Eltern blieben unbeantwortet; schließlich nahm sich ein Nachbar des Jungen an, bis sich die – sehr aufgeregten – Eltern, glücklich meldeten – so geht praktische Nachbarschaftshilfe! 

Familienfeiern, Treffen von Parteien und Initiativen und das legendäre Eisbeinessen während des Preisskats prägten das Gesicht von „Stop 7“ bis Ende der 1990er-Jahre. Schon vor einem Betreiberwechsel ließen die Geschäfte nach. Wieder einmal wurde der Name geändert: „Valentinas“ hat mehr versprochen als gehalten werden konnte. Nach längerem Leerstand übernahm eine Gruppe junger Leute die Gaststätte und baute sie zum in der Szene sehr angesagten Club „Coffy“ um: Brechend voll am Wochenende, in der Woche und im Sommer eher leer. 

Nach fünf Jahren war Schluss und schon kam wieder was Neues: Die erste Berliner Poker-Bar „All in 27“ hoffte darauf, in kurzer Zeit das schnelle Geld zu machen: Verzockt! Nach einem weiteren Umbau hat sich das Restaurant „Basim“ inzwischen einen guten Namen gemacht. Mit vorzüglichen Speisen und ausgewählten Getränken im gehobenen Preissegment, zieht es Besucher aus der ganzen Stadt an. 

Text und Fotos: Christian Robbe (Jan 2011)