MIETENKOMPROMISS FÜR BERLIN

Gewinn für sozial Schwächere

Mieterinnen und Mieter mit geringem Einkommen werden künftig in der Wohnungspolitik besser gestellt. Zudem gibt es mehr Bewohner-Mitspracherecht in den sechs Berliner Wohnungsbaugesellschaften. Der Gesetzesentwurf von Senat und der Initiative Berliner Mietenvolksentscheid enthält ein klares Plus für Berliner Mieter.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin

Hauptstadt gesammelt, noch immer erhält sie ausgefüllte Unterschriftenlisten. Doch zunächst scheint ihr Begehr in einem gemeinsam mit Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel ausgehandelten Gesetzesentwurf aufzugehen: Ende August wurde dieser der Öffentlichkeit vorgestellt, im September soll der Senat darüber entscheiden, im November schließlich das Abgeordnetenhaus das Papier zum Gesetz machen.
Die neue Regelung betrifft die Mieter der sechs landeseigenen Wohnungsunternehmen. Sie besitzen knapp 300.000 der 1,6 Millionen Mietwohnungen in Berlin, darunter etwa 40.000 Sozialwohnungen. Hinzu kommen die Mieter von etwa 80.000 Sozialwohnungen, die im Besitz anderer Eigentümer sind. Insgesamt sind das rund 380.000 Wohnungen, die von den neuen Bestimmungen betroffen sind.
Die erzielte Einigung umfasst vor allem die folgenden Punkte:
Die Sozialmieten werden bei 30% des Nettoeinkommens gekappt. Wer mehr bezahlen müsste, bekommt einen Zuschuss vom Land Berlin. Zugrunde gelegt wird dabei das Jahreseinkommen. Die Grenze liegt bei Singles bei 16.800 Euro, bei Paaren bei 25.200 Euro brutto.
Zudem wird der wohnungspolitische Auftrag der städtischen Wohnungsbaugesellschaften im Gesetz verankert. Sie sind sowohl für die breiten Schichten der Bevölkerung da als auch für diejenigen, die sich auf dem Markt nicht selbst versorgen können. Teile des bestehenden Mietenbündnisses, wie die Kappung von Mieterhöhungen, werden ebenfalls im Gesetz verankert.
Bei Wiedervermietungen von Bestandswohnungen müssen die Gesellschaften künftig zu mindestens 55% an Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins vermieten. Dabei werden Haushalte mit besonders niedrigem Einkommen besonders berücksichtigt.
Die Wohnungsgesellschaften sollen weiterhin neu bauen, ankaufen, modernisieren und instand halten. Mindestens 30% ihrer Neubauwohnungen müssen als Sozialwohnungen gefördert werden.

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Mietwohnungen in der Eberswalder Straße

Zudem wird ihr Eigenkapital erhöht. Es wird gesetzlich garantiert, dass die erzielten Überschüsse weiterhin in vollem Umfange im Unternehmen bleiben, um damit Neubau, Ankauf, Sanierung und Mietendämpfung zu finanzieren. Darüber hinaus werden weiter landeseigene Grundstücke an die Gesellschaften übertragen.
Zusätzlich wird eine neue Anstalt öffentlichen Rechts errichtet, die politische Leitlinien mit Blick auf den Wohnungsmarkt- und Versorgungsauftrag formuliert.
Die Gesellschaften kaufen gezielt Sozialwohnungen zum Verkehrswert an. Der Zukauf von Sozialwohnungen und anderen Wohnungsbeständen soll insbesondere in innerstädtischen Wohnanlagen erfolgen. Es wird eine Förderung behutsamer Modernisierungen eingeführt, um Altbaubestände zu erhalten und die Mieten zu dämpfen. Mit entsprechenden Modernisierungsdarlehen soll die Modernisierung von rund 1.000 Wohnungen im Jahr gefördert werden.
Die Beteiligung der Mieterschaft an Unternehmensentscheidungen wird deutlich gestärkt. Es werden demokratisch gewählte Mieterräte eingeführt.
Die Zahl neu erbauter Sozialwohnungen wird erhöht von aktuell 1.000 auf 2.500 Wohnungen (2016) und 3.000 Wohnungen (ab 2017.
Sollte das Berliner Abgeordnetenhaus das zu überarbeitende Gesetz so beschließen, werden für die darin enthaltenen Maßnahmen über fünf Jahre rund 1,4 Milliarden Euro aufgewendet. Davon entfallen rund 200 Millionen Euro auf den Mietausgleich, rund 300 Millionen auf die Eigenkapitalerhöhung, rund 900 Millionen Euro auf die Neubauförderung sowie 40 Millionen Euro auf die Modernisierungsförderung.
Die Initiative Berliner Mietenvolksentscheid freut sich über ihren Erfolg. „Wir reden über mietenpolitische Instrumente, die es ohne uns nicht gäbe“, sagte ihr Sprecher Matthias Manzey. Zugleich bliebe jedoch die Option eines Volksentscheides erhalten, sollten die wesentlichen Punkte des Gesetzes nicht eingehalten werden.
-al- (September 2015)