Unbekannte Ecken (18)

Angermünder Straße

Diesmal geht es in eine Straße, wie es sie langweiliger wohl kaum ein zweites mal in Prenzlauer Berg gibt und die dennoch oder gerade deshalb wohl ein ganz besonderes Flair umgibt: die Angermünder Straße, die parallel zur Schönhauser Allee verläuft, aber kaum zweihundert Meter lang ist.

Die Angermünder beginnt direkt an der Torstraße und endet bereits an der Lottumstraße. „Ist denn das überhaupt noch Prenzlauer Berg?“, wird jetzt sicher der eine oder andere fragen. Ja, ist es. Das Gebiet entlang der Torstraße zwischen Schönhauser Allee und Gormannstraße (das ist etwa zwei Drittel der Strecke vom Rosa-Luxemburg-Platz bis zum Rosenthaler Platz), von der Berliner Innenstadt aus gesehen aufwärts, gehört noch zum Bezirk Pankow. Und genau wie auch die parallel verlaufenden Christinen- und Gormannstraße, so geht es auch in der Angermünder recht stramm aus dem Berliner Urstromtal bergauf. Vorn an rechts ist eine private Sprachenschule, etwa auf halber Straßenlänge ist links an einem Hauseingang ein Schild mit fünf blauen Buchstaben angebracht, die weder ein volles Wort noch sonst einen Sinn ergeben. Alles andere sind Wohnhäuser aus der Gründerzeit. Es fällt auf, dass es in dieser Straße keinen einzigen Baum gibt. Die Häuser, schick saniert, zeigen bis auf das Eckhaus an der Lottumstraße, das Farbbild, das sie auch schon bei ihrer Erbauung ende des 19. Jahrhunderts hatten. Dem Putz war damals nur ein leichter Gelbton beigemischt und ist die Straße einheitlich gelb. Stadtauswärts im Hintergrund, in der Fehrbelliner Straße 99 gelegen, sieht man die Turmspitze der katholischen Herz-Jesu-Kirche.
Die Angermünder Straße wurde bereits 1863 vom Großgrundbesitzer Wilhelm Griebenow neu angelegt. Sie hieß von 1827 an Eselsweg oder Eselsgang, weil Griebenow hier einige Esel auf einem Grundstück hielt, die er gegen ein geringes Entgelt an Interessierte zum reiten verlieh.
Das besondere Flair dieser Straße besteht in ihrer Einheitlichkeit und in der Steigung. Genau so sahen im Berlin der Kaiserzeit viele innerstädtische Quartiere aus.
Es gibt in Berlin eine weitere Angermünder Straße in Lichtenrade.
Rolf Gänsrich, Mai 2015