Unbekannte Ecken (30)

Prenzlauer Berg

Die Straße „Prenzlauer Berg“, auf älteren Stadtplänen gern als „Am Prenzlauer Berg“ bezeichnet, war ursprünglich Teil der Friedenstraße und wurde erst am 23. Januar 1913 so benannt. Hier entlang führte die ursprüngliche Akzise-, die Zollmauer. Wobei „Mauer“ deren Zustand arg beschönigt, denn es handelte sich lediglich um einen Palisadenzaun. Die Straße führt vom ehemaligen „Königstor“ an der Greifswalder Straße zum einstigen „Prenzlauer Tor“ an der Prenzlauer Allee.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Zwischen Greifswalder Straße und Prenzlauer Allee kann man den Prenzlauer Berg deutlich spüren

Mit dem in Kraft treten des Gesetzes zur Gründung Groß-Berlins am 1. Oktober 1920 wurden u. a. aus vier Verwaltungsgebieten der „Königsstadt“ bzw. „Königlichen Vorstadt“ ein neuer Bezirk, der nur im ersten Jahr seines Bestehens nach dem fünfzig Jahre zuvor abgerissenen Prenzlauer Tor hieß und 1921 (verschiedene Quellen) in Prenzlauer Berg umbenannt wurde. Vom Königstor kommend, so wie auch die vermutliche, recht undurchsichtige Hausnummerierung verläuft, hat man rechter Hand zuerst den ab 1814 angelegten Friedhof I der Georgen-Parochialgemeinde. Zwischen den vielen interessanten und auch nagelneuen Gräbern findet man auf ihm fast alle Zweige der Familie Bötzow, darunter genau den Brauereibesitzer, in einer Gruft mit darin befestigter Gedenktafel den Gründer der ersten Blindenschule Deutschlands Johann August Zeune, in Form einer dorischen Tempelruine (groß wie ein Flügel des Brandenburger Tors) den Erfinder der Berliner Gaslaterne Julius Pitsch und das Mausoleum von Carl Ludwig Zeitler mit einem in Stein gehauenen Bericht über soziale Auseinandersetzungen zu Zeiten der Reichsgründung. Anschließend erstrecken sich eine moderne Skaterbahn und ein Spielplatz in der Straße „Prenzlauer Berg“, bevor man an einer Eck-Tankstelle am Prenzlauer Tor landet. Geht man „Prenzlauer Berg“ zurück, hat man den am 27. Juli 1802 eröffneten „St. Marien- & St. Nicolaifriedhof I“ auf dem zum Beispiel die Familie Stargard oder der Fabrikant (Großwäscherei) Wilhelm Spindler, nachdem ja ein ganzer Stadtteil in Köpenick benannt wurde, mit seiner Familie liegen. Hinter dem Friedhof geht es in Richtung Königstor relativ steil bergab in den Kiez an der Mendelssohnstraße.

Dies hier ist der vorerst letzte Teil der „unbekannten Ecken“. Ich weiß, viele Straßen und Ecken habe ich noch nicht erwähnt. Diese Serie schreit also förmlich nach einer Fortsetzung, die irgendwann kommen wird. Ab Juli führe ich Sie über mehrere Monate genau entlang den Grenzen unseres Ortsteils. Dabei sei mir ein Blick über den Tellerrand, auf die andere Straßenseite zum Beispiel, erlaubt.

Rolf Gänsrich, Juni 2016