Klassentreffen der Generationen

Vor 54 Jahren, im Jahr des Mauerbaus, machten sie in Prenzlauer Berg Abitur. Dann trennte die Mauer ihre Lebenswege. Eine Ausstellung im Kulturzentrum Sebastian Haffner führt die Mitschüler von einst wieder zusammen. Und in einer zweiten Schau lässt sich Grün entdecken. Eine Besichtigung von Lebens- und Naturräumen im Kollwitz-Kiez.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Abitur-Jahrgang in Zeiten des Mauerbaus: Die Ausstellung „Klassentreffen“ zeigt Lebensläufe einstiger Käthe-Kollwitz-Schüler. Repro: Museum Pankow

Wie mag es sich angefühlt haben, damals, vor 54 Jahren, das Abitur in der Tasche und das Leben vor sich – doch, irgendwie abgeschnitten, weil die Grenze zur Welt gerade dichtgemacht wurde? „Wir gehören ja zu der Generation, die mehrere Gesellschaftsformen erlebt hat. Während der Mauerzeit konnten wir uns als Klasse nur teilweise treffen, aber seit 2001 sehen wir uns regelmäßig.“, sagt Gerrit Logé. Sie gehört zu dem Jahrgang, der 1961 an der Prenzlauer Berger Käthe-Kollwitz-Schule Abitur machte und der nun im Mittelpunkt einer Ausstellung steht. „Trotz unterschiedlicher Meinungen haben wir uns viel zu erzählen und versuchen die Lebensläufe der anderen zu verstehen." Denn ihre Lebenswege führten die Abiturienten in beide deutschen Staaten.
„Klassentreffen. Lebenswege 1961-2015“ heißt die Dokumentation, die seit Ende September im Kulturzentrum Sebastian Haffner die Lebensläufe der 61`er Abiturienten, heute um die 70jährige Frauen und Männer, verfolgt. Die gemeinsame Ausstellung des Museums Pankow und des Berliner Geschichtsvereins Nord-Ost stellt exemplarisch sechs Biografien des Abiturjahrgangs 1961 vor und beleuchtet parallel den zeithistorischen Kontext ihrer Biographien.
Die unterschiedlichen Lebensgeschichten spiegeln die mehrfachen gesellschaftlichen Epochenwechsel und Zäsuren ihrer Zeit: des Jahres 1949 der beiden deutschen Staatsgründungen, die die Porträtierten als Kinder erleben; des Jahres 1961 mit dem Mauerbau – der Jugendzeit der Abiturienten - und des Jahres 1989 schließlich, in dem der Mauerfall sie mitten im Erwerbs- und Erwachsenen-Leben überraschte. Historische Brüche und Wendungen sind mit persönlichen Erfahrungen und Lebens-Wenden verknüpft.
Das „Klassentreffen“ ist dabei auch ein Treffen der Generationen. Denn einen Großteil der in der Ausstellung gezeigten Filme und Dokumente schufen Jugendliche, die heute, im Jahr 2015, selbst nicht mehr weit vom Abitur entfernt sind: Schüler des Käthe-Kollwitz-Gymnasiums in Prenzlauer Berg, der Nachfolge-Schule des 61èr Jahrgangs. Damals war die Schule mit naturwissenschaftlichem Zweig in der Pasteurstraße angesiedelt; heute nutzt das Gymnasium Gebäude in der Dunckerstraße.

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Urwüchsigkeit mitten in der Metropole: „Natur entdecken“ lässt sich auf dem Gelände des Kulturzentrums Sebastian Haffner. Foto: al

In einer Projektwoche besuchten die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit ihren ProtagonistInnen historische Ausstellungen und Museen und setzten sich mit den Lebenswelten in Ost und West zwischen 1961 und 1989 und 2015 auseinander. So entstanden nicht nur Zeitzeugen-Dokumente, auch ihre eigenen Erfahrungen und Eindrücke hielten die heutigen Jugendlichen im Film fest, als Geschichtsunterricht der lebendigen Art, gewissermaßen. So entstanden Lebenswege zweier Generationen, die sich in diesem „Klassentreffen“ kreuzen. Bis zum 3. April 2016 ist die Ausstellung in den Räumen des Kulturzentrums Sebastian Haffner in der Prenzlauer Allee zu sehen.
Der Bogen ist zu schlagen von den menschlichen Lebensräumen zu denen von Bäumen, Sträuchern und Co. Denn diese zeigt das Kulturzentrum Sebastian Haffner in seiner zweiten derzeitigen Sonderausstellung „Natur entdecken“. Der Bezirk Pankow gilt zu Recht als einer der grünen Bezirke Berlins. Wie vielfältig und unterschiedlich die Grünflächen und deren Fauna und Flora ausgestattet sind und welche Nutzungsmöglichkeiten für die Berliner und deren Gäste bestehen, zeigt und präsentiert mit allen Sinnen dieses übergreifende Ausstellungsprojekt.
Insgesamt zehn Ausstellungsbereiche auf dem Museumshof und in der Ausstellungshalle behandeln thematisch die Entstehungsgeschichte und gegenwärtige Nutzung von Grün im Bezirk, u.a. der Schloss- und Bürgerlichen Gärten, der Vergnügungsgärten, der Kur- und Krankenhausgärten, Volksparks und Stadtplätze. Beschrieben und porträtiert werden auch das Wohngrün in Höfen und Siedlungen, die Kleingärten und die Natur- und Landschaftsschutzgebiete, Wälder und Friedhöfe. In einem hervorgehobenen Teil widmet sich die Ausstellung den aktuellen Trends und Entwicklungen von aktiven Bewohnerinnen und Bewohnern zum Schaffen, zur Pflege und zum Erhalt des Grüns in der Stadt – dem Urban Gardening. Die Exponate reichen dabei von Fotografien, Plänen und Zeitungsausschnitten bis hin zu lebenden pflanzlichen Objekten.
Den Hof des Kultur- und Bildungszentrums Sebastian Haffner vor der Ausstellungshalle gestalteten und bepflanzten für diese Ausstellung Kinder der umliegenden Schulen und Kitas des Kollwitz-Kiezes. Die Ausstellung des Bezirksamtes Pankow von Berlin, Amt für Weiterbildung und Kultur und Abteilung Stadtentwicklung ist noch bis zum 7. Februar 2016 zu sehen. Ein Rahmenprogramm, u.a. mit Führungen und Fahrradtouren, begleitet die Schau.
-al- (Oktober 2015)

Sonderausstellungen: „Klassentreffen. Berliner Lebenswege 1961-2015“ und „Natur entdecken“ im Museum Pankow, Kulturzentrum Sebastian Haffner, Prenzlauer Allee 227/228. Öffnungszeiten; Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr. Infos unter: 902953917.