MIETER-ERFOLGE

Dann eben Hausbesetzer

Lange hat es hier und da vereinzelt gegrummelt, jetzt überstürzen sich Berliner Proteste und Aktionen gegen steigende Mieten und unbezahlbaren Wohnraum. Im April demonstrierten 25.000 Menschen mit „Stoppt den Mietenwahnsinn“, im Mai gab es Hausbesetzungen. In Prenzlauer Berg fordert jetzt das Mieterforum einen solidarischen Wohnungsmarkt.

 

Berlin braucht einen radikalen Kurswechsel in der Boden- und Wohnungspolitik. So oder so ähnlich lauten alle Forderungen derjenigen, die sich in den vergangenen Wochen und Monaten deutlich sicht- und hörbar für einen solidarischen Wohnungsmarkt stark machten. Sichtbarer und hörbarer als in den Monaten zuvor. 

Es scheint, die Zeit ist wirklich reif für diesen Kurswechsel. Selbst die zuständige Bausenatorin hieß die jüngsten Hausbesetzungen als Mittel gegen Leerstand-Spekulationen gut. Und Mitglieder der grünen Landesregierung bescheinigten den Aktivisten von „#besetzen“, ihre Guerilla-Aktion der nächtlichen Hausbesetzung sei ein legitimes Mittel der Kritik. Am Pfingstwochenende hatte ein Bündnis von Protestierern neun leerstehende Häuser besetzt, größtenteils in Kreuzberg, Friedrichshain und Neukölln, als Zeichen gegen den Miss-Stand: „Zehntausende Menschen sind in Berlin wohnungslos, ein immer größerer Teil des Einkommens wird für steigende Mieten aufgewendet“, so die Begründung der Aktivisten für die Besetzung. Nach sieben Stunden hatte die Polizei die Häuser geräumt – die Debatte um steigende Mieten, Mieterverdrängung und Zwangsräumungen hält an. Und der Widerstand mehrt sich: Einen Tag nach den Hausbesetzungen verhinderten Aktive eine Zwangsräumung in Lichtenberg.

Kiezzeitung Prenzlauer Berg
Rund 25.000 Menschen demonstrierten jüngst berlinweit gegen Mieterverdrängung. Foto: SdMW

Prenzlauer Berg steht derzeit nicht im Zentrum der Proteste, doch mit in der ersten Reihe der Protestierenden. Einen ersten Erfolg haben dabei die MieterInnen des Hauses in der Immanuelkirchstraße 35 zu berichten – eine gewissermaßen rechtmäßige Hausbesetzung. Der Eigentümer hatte den neun Mieterinnen und Mietern gekündigt, weil er „aus wirtschaftlichen Zwängen heraus“ Wohnungen sanieren und zusammenlegen wollte. Vier von neun der Kündigungen wurden inzwischen vom Landgericht Berlin abgewiesen. Die Richter wiesen die Kündigungsgründe gar als „zynisch“ zurück. Nicht die angeführte umfangreiche Modernisierung sei für den Mieter unzumutbar, so das Urteil. „Der endgültige Wohnungsverlust dürfte in jedem Fall die größere Härte sein.“ Die nächsten Gerichtstermine weiterer Mieter stehen an. 

Ob die Mieter des Hauses in der Schönhauser Allee 90 ähnliche Erfolge in ihrem Widerstand haben werden? Die Bewohner des Vorderhauses an der Kreuzung Wisbyer Straße erhielten die Kündigung, weil sie Gegenstände auf das Baugerüst ihres Hauses gestellt hatten. Das Gerüst selbst steht dort schon seit mehr als zwei Jahren, Bauarbeiten finden nur sporadisch statt. Der Bezirk, mit dem Geschehen inzwischen bestens vertraut, setzt dem Eigentümer Bau-Fristen. Die Mieter hingegen, unterstützt von einigen Abgeordneten, fordern, dass der Bezirk das Gebäude treuhänderisch übernimmt.

„Verdrängung als Geschäftsmodell der Immobilienwirtschaft darf die Gesellschaft nicht akzeptieren“ – so skandierten im April 25.000 Berlinerinnen und Berliner auf der großen Demonstration „Stoppt den Mietenwahnsinn“. Ein stadtweites Bündnis hatte dazu aufgerufen. Auch hier forderten die Demonstrierenden einen radikalen Kurswechsel. Wie sich dieser gestalten kann, darüber informiert das 5. Mieterforum Pankow am 13. Juni in der „WABE“. „Raus aus der Bodenspekulation! Wohnen ist Grundrecht und Gemeingut“ ist die Veranstaltung des Mieterforums Pankow überschrieben. Diskutiert werden soll mit Vertretern von Stadtbezirken, Wohnungsgenossenschaften und Mieterinitiativen. Tipps gibt es unter anderem dazu, wie Mieter aktiv werden können und wie sich Wohnhäuser dem Spekulationsmarkt entziehen lassen.

-al- Juni, 2018

5. Mieterforum Pankow am 13. Juni ab 19 Uhr in der „WABE“.

Mehr auf: mieterforum-pankow.net