WOHNUNGSBAU

„Höher statt in der Fläche“

Prenzlauer Berg Zeitung Bauen

Prenzlauer Berg und ganz Pankow brauchen weitere Wohnungen, weil sie wachsen. Doch wie und um welchen Preis? Ein Gespräch mit Andreas Otto (Bündnis 90/Die Grünen), Vorsitzender des Ausschusses für Bauen, Wohnen und Verkehr im Berliner Abgeordnetenhaus und damit oberster Bau-Parlamentarier, in seinem Wahlkreisbüro im Helmholtz-Kiez.

Herr Otto, was läuft schief in der Berliner Baupolitik?
Es gibt ein ganz aktuelles Beispiel hier in der Kopenhagener Straße. Da missbraucht ein neuer Eigentümer die energetische Sanierung, um die Mieter rauszutreiben. Einen ähnlichen Fall haben wir in der Winsstraße, wo auch Eigentumswohnungen entstehen.
Wir brauchen eine Diskussion, wie viel energetische Sanierung kosten darf. Und der Senat muss eine Umwandlungsverordnung erlassen, weil immer mehr preiswerter Wohnraum zunichte gemacht wird.
Deswegen meine Forderung: Lasst doch die Mieter in den preiswerten Mietwohnungen! Wer Eigentum will, soll neu bauen.

Der Platz für Miet- und Eigentumsneubau in Prenzlauer Berg ist begrenzt. Gegen das Bebauen der wenigen Freiflächen sprechen sich auch Bürgerinitiativen aus, wie etwa am Güterbahnhof Greifswalder Straße.
Entwicklung muss sein, Pankow baut jährlich 1500 Wohnungen. Da wird man nicht alles freihalten können. Aber es braucht Verbindlichkeiten für die Bewohner: Hier wird gebaut, dafür gibt es woanders Grünflächen. Am Güterbahnhof Greifswalder Straße sehe ich Baupotenzial. Die Frage ist, wie viel, und wie verträgt es sich mit der Infrastruktur.

Müssen denn für alle, die nach Prenzlauer Berg und Pankow ziehen wollen, tatsächlich Wohnungen gebaut werden?
Ich sträube mich dagegen, einzelne Berliner Bezirke vom Wachstum auszuklammern. Wir haben hier durchaus noch Verdichtungspotenzial, etwa beim Ausbau der Dachgeschosse. 40 Prozent der Dachgeschosse kann man hier in der Gegend noch ausbauen. Das spart Fläche, weil Grundstücke besser ausgelastet werden. Oder man stockt auf. Statt Discountmärkte eingeschossig zu errichten, könnten überall vier Wohnetagen oben drauf gebaut werden.

Ein weiteres großes und umstrittenes Bauvorhaben gibt es im Mauerpark. Derzeit liegen die Planungsunterlagen für 530 Luxus-Wohnungen beim Bezirk Mitte. Wie schätzen Sie die Realisierung ein?
So, wie es jetzt geplant ist, wird bestimmt nicht gebaut. Ich vermute, da wird es noch Veränderungen geben. Der Senat versucht ja derzeit gerade, Genossenschaften zu finden, die mitbauen wollen. So viel ich weiß, hat er noch keine gefunden. Im übrigen sollte man solche Verträge einfach nicht machen.


Warum nicht?
Der Senat hat quasi das Baurecht verkauft anstatt ein geordnetes Planungs- und Beteiligungsverfahren durchzuführen. Das kann Berlin noch sehr viel Geld kosten. Es kann zu hohen Schadenersatzforderungen führen, wenn der Investor nicht so bauen kann wie er will. Aus dem Untersuchungsausschuss zum Spreedreieckskandal weiß ich, dass die Senatsbeamten gegen die Anwälte der Investoren wenig Chancen haben und wir alle am Schluss die Zeche zahlen.
Das Gespräch führte Katharina Fial (Juni 2014)