Berliner Brauereien – Teil 8 von 12

Die „Berliner Weißbierbrauerei AG“

Das Bier aus Berlin hatte immer eine ganz besonders hohe Qualität wegen des hervorragenden Grundwassers. Weil vor hundert Jahren jede Brauerei ihren eigenen Brunnen, ihr eigenes Rezept, ihren eigenen Braumeister, ihre eigenen Gärhefestämme hatte, darum schmeckte das Bier einer jeden Brauerei etwas anders.

Zeitung Prenzlauer Berg Magazin
Von der ehemaligen Brauerei gibt es keinerlei Spuren mehr

Früher war es darüber hinaus eher unüblich, Bier quer durchs ganze Land zu kutschieren und so gab es z.B. das "Rostocker Hafenbräu" nur in Rostock, das Garley-Bräu aus Gardelegen nur in der Altmark, das gute mecklenburger Lübzator  fast nur in der Bundesrepublik oder in den Mitropa-Speisewagen der Reichsbahn und die "Berliner Weiße" nur in Berlin.
Im Gegensatz zum Beispiel zu Süddeutschland, wo es noch heute viele kleine Familienbrauereien gibt, beherrscht in Berlin Dr. Oetker mit der Radeberger Gruppe den Biermarkt. Damit sind die großen Berliner Marken Schultheiß, Kindl', Berliner Pilsner für meinen Geschmack einfältig, charakterlos und mit anderen großen deutschen Biermarken beliebig austauschbar. Das liegt unter anderem daran, dass das Brauwasser aus einem einzigen Brunnen genommen wird und nur noch ein paar wenige Hefestämme und Hopfensorten Verwendung finden. Gut gehopftes Bier schmeckt anders! Es ist auch so schade, dass die leckere hefetrübe Weiße nicht mehr gebraut wird!
Als Gegenbewegung erfreut sich heute das sogenannte "Craft-Beer", in den neuen Kneipen selbst gebraut, sich immer größerer Beliebtheit erfreut.
Das Kneipensterben ist mittlerweile gebrochen. Schön, es gibt nicht mehr an jeder Straßenkreuzung vier Kneipen, in denen die immer gleichen fünf Personen saßen. Es gibt heute weniger Kneipen, diese jedoch sind voll neuer Kiezkultur.

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Zur Zeit entstehen auf dem ehemaligen Brauereigelände neue Wohnungen

Die „Berliner Weißbierbrauerei AG“ befand sich auf dem Gelände der Straßburger Str. 6 – 9, auf dem bis vor ca. zweieinhalb Jahren noch die Reste der ehemaligen Fahrbereitschaft des ZK standen.
Die Brauerei wurde 1856 durch Carl Landré in der Münzstraße 4 gegründet. Im selben Jahr wurde auf dem „Windmühlenberg“, später Straßburger Str. 6 – 9, eine Mälzerei errichtet. Die komplette Verlegung der „Berliner Weißbierbrauerei“ erfolgte 1870/71. Einhergehend mit dieser Verlegung wurde die Brauerei in eine Aktiengesellschaft umgewandelt, um mehr Kapital zu haben. Gründer Landré gehörte dem Aufsichtsrat bis zu seinem Tode 1886 an.
Wann die „Berliner Weißbierbrauerei“ in „Landré – Breithaupt-Brauerei“ bzw. komplett in „Breithaupt-Brauerei“ umbenannt wurde, habe ich leider nicht feststellen können.
In den Jahren 1917 – 1921 wurde die Brauerei massiv durch Erweiterungen, An- und Umbauten modernisiert und auf den damals aktuellsten Stand der Technik gebracht.
Nach 1945 kam es trotz einiger Kriegsschäden zur Wiederaufnahme des Brauereibetriebes. Im Jahr 1947 wurde jedoch die „Berliner Weißbierbrauerei AG“ beschlagnahmt. Einige Quellen sprechen nun von einer Enteignung und Stilllegung im Jahr 1949, andere Quellen schreiben, dass unter dem Namen „Breithaupt-Brauerei K.G.“ (K.G. = Kommanditgesellschaft =  in der DDR kam es dabei zur Staatsbeteiligung an Privatbetrieben) an dieser Stelle bis 1968 weiter gebraut wurde.
Der Fuhrpark, die Fahrbereitschaft der DDR-Regierung, kam mit seiner Kfz-Instandhaltung dort ab 1952 unter. In den 70er Jahren wurden die letzten ehemaligen Brauereigebäude abgerissen und durch Neubauten mit der entsprechenden Infrastruktur für den genannten Fuhrpark ersetzt.
Nach der deutschen Wiedervereinigung kam es über Jahrzehnte zu einer sogenannten „Zwischennutzung“ durch kleinere Betriebe, so u.a. aus dem Kfz-Instandhaltungsgewerbe, durch Bildungsträger oder Künstler. Es gab teilweise temporäre Ausstellungen. Auch wurden Lagerräume auf dem Gelände an Künstler vermietet. Im Januar 2013 begann man mit dem Abriss der einstigen Fahrbereitschaft. Nun wird dort fleißig an einem neuen Wohnungen gebaut. Die Rohbauten ragen bereits in den Himmel.
Rolf Gänsrich, 2015

r.gaensrich@gmx.de oder www.rolfgaensrich.wordpress.com